Von Hans-Werner Engel
25.05.2014, Sonntag
Früh aufstehen, pünktlich abgeholt werden, auf einer unbelebten Autobahn nach Düsseldorf fahren, entspannt einchecken und mit strammem Rückenwind in 2 Stunden und 40 Minuten nach Moskau fliegen. Und das alles bei strahlendem Sonnenschein und klarer Sicht einen tollen Erstflug erleben wie Sandra Opitz.
In Moskau schlägt uns eine Gluthitze ins Gesicht – es herrschen hier subtropsche Verhältnisse. Die Zollkontrolle wird rasch durchgeführt und auch die Koffer liegen bereits auf dem Gepäckband, als wir dort ankommen. Am Zollausgang erwarten uns Lena und Aleksei, wie üblich gibt es eine herzliche Begrüßung und nach kurzer Zeit sitzen wir auch schon im Bus nach Smolensk – allerdings ist er nicht klimatisiert. Das wäre die Krönung eines bisher toll verlaufenden Tages gewesen. Sandra und Steffen zeichen bereits ihre ersten Eindrücke in ihre Skizzenbücher. Die anderen schlafen nach einiger Zeit ein.
Je näher wir nach Smolensk kommen, um so weißer werden die grünen Wiesen. Welche Blumen sind das? Löwenzahn! Aber tausende „Pusteblumen“ zieren die Landschaft neben der Autobahn. Dieser Anblick ist grandios und mitten drin eine verfallene Tankstelle auf der auf riesigen Metallregalen überlebensgroße Plüschtiere präsentiert werden. Die Gegensätze, schon auf den ersten Kilometern nach Smolensk könnten nicht größer sein. Beim Verlassen des Stadtgebiets von Moskau sahen wir die riesigen Villen reicher Russen und unmittelbar daneben die kleinen Holzhäuser aus früheren Zeiten und furchteinflößende Hochhausburgen. Ich frage mich, ob diese Gegensätze von den Menschen hier noch wahrgenommen werden. Was wir auf der Autobahn sehen, erweckt nicht den Eindruck, dass es der Wirtschaft in Russland schlecht geht – vielmehr umgekehrt. LKWs dicht an dicht, zum Teil in Zweierreihen fahren in eine Schlange von über 300 Kilometern Richtung Moskau – wohlgemerkt an einem Sonntag.
Vor zwei Jahren erlebten unsere Preisträger Smolensk nur im Schnee, heute haben wir eine karibische Nacht vor uns.
Obwohl es seit mehr als zwei Wochen diese Hitze in Smolensk geben soll, ist keine Staub in der Luft – wie früher um diese Jahreszeit. Die Stadt macht auf den ersten Blick einen sehr gepflegten Eindruck.
Sandra und Monika beziehen als erste eine sehr schöne, zentral gelegene Wohnung einer Künstlerfamilie. Dann beziehen HWE und Verena und Bernd ihre Quartiere und der Bus bringt so die Mitglieder der Gruppe der Reihe nach zu ihren Gastgebern.
Es ist jetzt 20.30 Uhr in Hagen – wie mögen die diversen Wahlen ausgegangen sein. Hier ist, außer von mir, kein Interesse an diesen Ereignissen in Deutschland und Europa zu erkennen. Die Menschen feiern fröhlich in den Parkanlagen und genießen einmal mehr einen tropischen Abend. An Schlafen ist noch nicht zu denken, denn die Temperaturen liegen noch über 25 Grad und die Temperaturen lassen sich durch Lüften in den Wohnungen kaum senken – ujas, sagt man hier in solchen Fällen.
26.05.2014, Montag
Es wird wieder einen heißen Tag geben. Doch in der Morgenkühle ist es angenehm zu gehen. Die Menschen, die mir begegnen, sehen sehr entspannt aus. Vorwiegend sind elegant gekleidete Frauen unterwegs. An vielen Stellen werden die Straßen und Plätze gefegt. Es ist sehr sauber in der Stadt. Im Park hinter und vor dem Kino Oktober arbeiten Frauen an der Gestaltung der Blumenbeete. Wie immer, es arbeiten die Frauen! Vor dem Kino gibt es keine Verkaufsbuden mehr. Eine Straßenbahnfahrerin tanzt gut gelaut in ihrer Kanzel mit ihren Armen und winkt mir zu, die Straße zu überqueren. Mit diesen ersten Eindrücken sitze ich in meinem Lieblingscafe und genieße das Frühstück.
Unser offizielles Programm startet heute um 10 Uhr. Der obligatorische Rundgang durch Smolensk beginnt mit dem Besuch einer Bank, denn alle müssen Euros in Rubel tauschen. Die Hitze ist schon jetzt unangenehm. Wir gehen durch die Leninstraße, am Dramatheater rechts vorbei, um einen Blick auf das Teneshova-Kultuzentrum zu werfen. Eine junge Frau mit kurzen blonden Haaren erkennt uns und führt uns durch das Gebäude, obwohl es am Montag geschlossen ist. Die Preisträger freuen sich, hier ausstellen zu dürfen. Solch ein freundliches Entgegenkommen möchten wir auch einmal in Deutschland erleben. Bis Morgen – dann bauen wir die Ausstellung auf.
Auf dem Gehsteig vor dem Kulturzentrum treffen wir Sascha Dolossov, der uns Freude strahlend begrüßt. Er wird morgen beim Aufbau helfen. Ich bin gespannt, ob er endlich das Geheimnis der verschiebaren Knoten lüften wird, durch die in Russland die Bilder ausgerichtet werden.
Zurück am Kino Oktober müssen wir etwas auf Elena warten. In der Sonne sind es gefühlt über 35 Grad. Die Frauen, die jetzt vor dem Kino die Blumen in Akkordtempo in die Erde pflanzen, leiden sichtlich.
Lena und Aleksei müssen noch einige Besorgungen machen. Es ist viel zu anstrengend, jetzt zwei Stunden die Stadt zu besichtigen. Wir entscheiden uns für einen kleinen Rundgang. Im Glinka-Park sind sehr viele junge Mütter mit ihren kleinen Kindern. Sie werden von dem Wasser im großen Brunnen angelockt und lassen sich von den Fontänen nass spritzen und genießen die Erfrischung. Wir schlendern langsam an diversen Sehenswürdigkeiten vorbei: Gemäldegalerie, Philharmonie, Rathaus, Stadtmauer, ewige Flamme, Fußgängerallee. Im Restaurant Mandarin-Gans trinken wir heißen Früchtetee und erhalten einen Rüffel, weil wir zwei Tische an ein schattiges Plätzchen schieben. Als man bemerkt, dass wir Deutsche sind, ist das erlaubt.
Jeder muss noch ein paar Kleinigkeiten kaufen, doch alle benötigen Wasser, Wasser, Wasser.
Zum Mittagessen treffen sich erstmals die Smolensker und Hagener Preisträger, aber auch unsere Gastgeber und Smolensker Mitglieder sind gekommen. Es herrscht alsbald eine tolle Stimmung, weil sich die Menschen schnell nahe gekommen sind. Sascha Savchenko lädt die ganze Gesellschaft für den Abend in sein Elternhaus ein.
Draußen tobt ein Gewitter, so dass wir noch länger beisammen bleiben. Erste Gastgeschenke werden ausgeteilt, neue Projekte besprochen, Lösungen für den Transport von Kunstwerken angedacht.
Der Regen hat die Luft etwas abgekühlt und weil er etwas nachlässt, entschließen wir uns, zu unseren Wohnungen zu gehen, um die Einkäufe dort abzulegen. Das war kein guter Gedanke, denn es schüttet plötzlich wieder wie aus Eimern und wir werden bis auf die Haut nass. Macht nichts – tut gut.
Gegen 18 Uhr, die Hitze ist zurück gekehrt, zwängen wir uns in den Kleinbus 46. Hier könnte man gut einen Hefekuchen gehen lassen – es sind dafür perfekte Bedingungen. Aleksei Dovgan erwartet uns in seinem Atelier und präsentiert seine Werke auch jene, die er als Goldschmied gefertigt hat. Es entwickeln sich erste gute Gespräche über Arbeitstechniken und auch die Preisträger erzählen von ihren Arbeiten. „Obama“ ist auch da – so hat Lena ihr neustes Haustier genannt. Es ist eine neugierige, schlaue und sehr temperamentvolle kleine braune Ratte mit rötlichen Ohren, die für kurze Zeit die kleine Gesellschft unterhält, um dann mit Süßigkeiten im Käfig unterzutauchen.
Für die Ausstellung hat Aleksei ein tolles Plakat erstellt und einen interssanten Katalog mit den Werken der Preisträger drucken lassen.
Gegen 8 Uhr fahren wir zum Hause von Sascha Savchenko. Seine Eltern und er haben viele Köstlichkeiten zubereitet: Gegrillte Hühnerschenkel, Gemüse, Salate, köstliches Brot.
Der Tisch in dem Gartenpavillon füllt sich nach und nach. Obwohl es schon sehr kühl ist, haben die meisten großen Durst und nach einem Begrüßungsbierchen, gehen die meisten dazu über, Wasser zu trinken. Sascha breitet einen alten, sehr großen Samovar für den Tee vor. Das Entzünden des Holzes ist nicht einfach, doch nach einiger Zeit ist es geschafft. Die Teekanne mit dem starken schwarzen Tee steht oben auf dem Samovar. Nachdem wir von diesem Tee kosten durften, wollte jeder nur noch den Tee trinken. Wir erlebten russische Gastfreundschaft pur.
Wegen der Kühle waren wir inzwischen in Decken und dicke Jacken eingepackt, aber es war sehr interessant und wichtig für die jungen Menschen, einander kennen zu lernen. Zu guter Letzt brachte Saschas Mama noch gezuckerte Blinis mit gekochten Früchten. Selbst die gar nicht mehr hungrigen jungen Damen konnten nicht widerstehen, diese Köstlichkeiten zu genießen.
Danach ging es für einige, die noch Kraft hatten, in das Fotoatelier von Sascha, die anderen brachte Elena zu deren Wohnungen. Doch zuvor hatten die deutschen Gäste, zur großen Überraschung und Freude der Mutter des Hauses, den Pavillon in Windeseile aufgeräumt und das Geschirr in die Küche gebracht.
27.05.2014, Dienstag
Die Hitze ist schon deutlich spürbar. Und heute ist ein anstrengender Tag mit dem Aufbau der Ausstellung. Künstler und Preisträger schaffen ihre Bilder in das Kulturzentrum. Steffen ist etwas spät dran, aber das ist kein Problem. Sascha Dolosov und Aleksei Dovgan sind ein tolles Team und gehen ruhig, aber sehr zielstrebig an die Arbeit. Weil sie diese Arbeit lieber allein machen, dürfen die anderen in die Stadt gehen.
Neuer Treffpunkt ist 14.30 Uhr vor dem Tjorkin-Denkmal. Von dort starten wir zum Malen nach Teremok.
Der bekannte russische Maler und Illustrator des Design-Büros von Artemi Lebedev gestaltet für unsere Preisträger eine Masterclass. Die wunderschönen Motive sind unmittelbar ins Auge gefasst und nach dem Verteilen der Materialen geht es sofort an die Arbeit. In der Hitze ist an arbeiten ohne Kopfbedeckung überhaupt nicht zu denken. So suchen sich die meisten einen schattigen Standort aus. Monika und Sandra zeichnen Skizzen. Es entstehen durchaus sehenswerte Werke, aber selbstverständlich kann niemand dem großen Meister das Wasser reichen. Denis hat noch demonstriert, wie er Portraits malt – das war in der Tat beeindruckend. Die Protraitierten durften die Bilder behalten.
Der Abstecher zu dem kleinen so wunderschön gelegenen See verdeutlicht uns, dass man mit den nötigen Kleingeld selbst in den schönsten Naturlandschaften in Russland Luxusvillen bauen darf. Welch ein Frevel!! Zu Teneshovas Zeiten hatten die Menschen mehr Respekt vor der Natur.
Spezielle Portraits aus Teremok von HWE:
Es wird höchste Zeit, dass wir aus der schier unertäglichen Hitze verschwinden. Sie hat fast jedem die Kräfte geraubt. Doch das trifft nur für die Reisebegleitung zu – die jungen Damen werden sich noch am Abend treffen, denn sie stecken voller Tatendrang und wollen möglichst viel Zeit miteinander verbringen. So haben wir es uns auch gewünscht.
28.05.2014, Mittwoch
Es ist kühler geworden. Nach einem kurzen Abstecher in das Rathaus geht es geschwind zum Kulturzentrum. Die Ausstellung ist weiter aufzubauen und eine Zeitung hat sich für ein Interwiev angesagt.
Olga übersetzt das ca. eine Stunde dauernde Interview. Noch ein Foto und dann geht es wieder an die Arbeit. Mindestens acht Menschen arbeiten an der Gestaltung der Ausstellung – es ist ein enormer Aufwand, den sich die Smolensker Freunde da zumuten, doch es wird sicher ein großer Erfolg werden.
Über Smolensk hat sich ein Unwetter zusammengebraut und es prasseln sehr große Eisbrocken auf die Stadt hernieder. Es werden Bau- und Infrastrukturmängel der Stadt und des Kulturzentrums unmittelbar deutlich.
Wie aus Eimern schießt das Wassser aus vielen Öffnungen (Lüftungsschächten, Klimaanlagen, Elektrorohren) überall in das Kutlurzentrum ein und setzt alle Etagen teilweise unter Wasser. Auch das Cafe „Modern“, in dem ich sitze, bleibt nicht verschont. Es heißt: Computer in Sicherheit bringen und nichts wie raus aus den nassen Räumen. Später sehen wir in der Stadt das Chaos: Die Ampelanlagen sind ausgefallen – es gibt viele Staus, die Gullis sind verstopft, weil der Hagel Unmengen Blätter von den Bäumen abgeschlagen hat, die die Abläufte zusetzen. Aus anderen Gullis und Häusern strömt das Wasser auf die Gewege und Straßen.
Der Besuch im Konjonkov-Museum muss leider ausfallen und nach dem verspätet eingenommenen Mittagessen gehen wir in das Atelier von Sascha Dolosov. Die Studierenden befragen Sascha zu seiner Vita und seinen aktuellen Werken. Es gibt rege Gespräche und ein Bild wechselt den Besitzer. In jeder Ecke des Ateliers sind Schätze verborgen und all diese müssen betrachtet werden.
Nach dem Abendessen gibt es rege Diskussionen zu dem bisher gemachten Erfahrungen.
29.05.2014, Donnerstag
Am Morgen gehe ich mit Olga zur Raiffeisenbank, um den zukünftigen Austausch zu besprechen. Wir bekommen den Eindruck, dass wir eventuell die falsche Bank ausgewählt haben, denn es wird abgelehnt, auch nur einen Rubel für den Austausch auszugeben. Wenn es überhaupt dazu kommt, sollten ihn die Mitarbeiter privat durchführen. Für uns sieht das sehr nach Ablehnung aus.
In dem darauf folgenden Gespräch mit der Stadtverwaltung ändert sich diese Situation sehr positiv für uns, denn Oleg kennt eine große Bank, die sich diesen Austausch sehr wünscht. Lieber Michael, mach dir keine Sorgen, denn wir finden eine gute Lösung.
In der Gemäldegalerie konnten wir die Drucke von „de Cleur“ zunächst nicht abgeben, weil vorher noch Beschlüsse dazu im Stadtrat erforderlich sind.
Das Teneshewa-Kulturzentrum füllt sich zusehends mit Menschen. Viele, auch junge Frauen, tragen lange Abendkleider und die Stimmung ist sehr festlich. Nachdem Aleksei das Projket vorgestellt hat, stellen wir die Preisträgerinnen und Preisträger vor. Das stellvertretende Stadtoberhaupt, Herr Levand, übermittelt Grüße der Stadt und drei Fernsehsender (Film von REN-TV), sowie zahlreiche Zeitungen filmen und interviewen die Preisträger, deren Werke und das Publikum. Selbstverständlich werden Geschenke und Blumen überreicht.
Besonders die vielen Jugendlichen befragen die Preisträger nach ihren Motiven und warum sie ihre Bilder mit bestimmten Techniken gemalt haben. Solch eine Ausstellungeröffnung mit so viel Aufmerksamkeit erleben bei uns in Deutschländ bekannte Künstler auch nur selten.
Von den Eindrücken überwältigt, feiern wir in dem Restaurant „Mandarin Gans“ und resümieren die ersten fünf Tage in Smolensk. Unser großer Dank geht an Elena Chmurova und Aleksei Dovgan, die bis zum Umfallen für dieses Projekt ehrenamtlich arbeiten. Die Studierenden ziehen später miteinander weiter, um mit den hiesigen Preisträgern und den jungen Gastgebern zusammen zu sein. Ein wichtiges erstes Ziel dieses Aufenthaltes ist erreicht.
30.05.2014, Freitag
Nach der langen Nacht geht es heute mit Akt-, Protrait- und Studienmalerei in der Staatlichen Universität weiter. Drei Stunden werden unsere Preisträger, gemeinsam mit über vierzig Kunststudierenden der UNI, in einem riesigen Flur bei tollem Licht öffentlich arbeiten. Begleitet wird diese Arbeit von drei Professoren und einem Dozenten der UNI. Auch sie arbeiten mit.
Das Aktmodell ist zur großen Überraschung aller ein fast 90-jähriger Mann, ein Veteran aus dem zweiten Weltkrieg, der drei Jahre in einem KZ in Deutschland verbringen musste. Dieser liebenswerte Mensch war ohne jeden Groll auf uns Deutsche. Und zu guter Letzt sprach er auch noch Deutsch mit uns. Er ist in Smolensk sehr bekannt, denn er arbeitet als Darsteller am Dramatheater.
Es wurde intensiv gearbeitet, denn die besten Werke sollten prämiert und besprochen werden. Auf dem Flur herrschte eine interessante Arbeitsatmosphäre. Die Studierenden zeichnete und waren sehr auf ihre Arbeit fixiert.
Nebenbei konnten wir uns deahalb mit den Professoren über einen möglichen Besuch des Hagenrings 2016 in Smolensk unterhalten. Dieser Vorschlag wurde mit großer Begeisterung augenommen und sogleich wurden Erinnerungen wach an den Besuch von Uwe Will, Bernhard Paura, Hellwig Pütter .. im Jahre 1992 in Smolensk – ach ja, dieser alte VW-Bulli mit seinen vielen Macken und es gab so wenig Benzin. Sie Professoren werden sich mit dem Malerverband zusammen setzen.
Nach und nach entstehen viele sehenswerte Zeichnungen. Auch die Professoren und Dozenten stellen ihre Werke zur Begutachtung aus. Die Zeichnungen der russischen und der deutschen Studierenden unterschewiden sich dadurch, dass die Russen nur malen was si sehen und die deutschen auch malen, was sie fühlen. Es gibt einen regen Gedankenaustausch und Sandra und Steffen, sowie vier russische Studierende werden ausgezeichnet.
Nach diesem erfreulichen Erlebnis gehen wir in das Cafe Terra, um uns ein wenig zu stärken. Bernd muss heute meine Tasche tragen, denn er hat fest daran geglaubt, das Restaunant „Mandarin Gans“ hieße „Mandarin-Ente“. So geht es dann, für mich sehr unbelastet zur Kathedrale. Natürlich sind alle von dem Gebäude beeindruckt. Wir stellen Kerzen auf und einzelne Kaufen Andenken. An einem Kiosk kaiufen wir gesegnetes Brot, dass geteilt und von allen gegessen wird.
Über den Njepr führt uns unser Weg zu zwei madroden Kirchen, in die wir aber nicht hineingehen können.
Danach trennten sich unsere Weg. Die Damen wollen sich zu einem gemeinsamen Essen bei Elena einfinden.
Steffen, Verena, Bernd und ich setzen uns später im „Samovar“ zusammen und reflektieren die vergangenen Tage. Es ist vieles gut gelaufen, aber wir denken auch über gute Veränderungen nach. Steffen schlägt vor, dass wir zukünftig den Xtudierenden Aufgaben stellen sollten, denn Künstler brauchen „Druck“ – so seine Worte.
31.05.2014, Samstag
Die Markthalle muss man am Morgen besuchen und so machen wir uns aus verschiedenen Richtungen dahin auf.
Es sind die vielen Gerüche, die man hier wahrnehmen kann – von Fleisch, Fische, Blumen Früchten,Obst, Gemüse, Nüssen, Süßigkeiten ….
Bernd versucht wieder den Trick mit der Baukamera, wie in der Kathedrale, zu fotografieren. Anfangs gelingt es auch, doch dann wir er erwischt und wir werden ermahnt. Meine Koreanische Freundin, die ich bereits seit meiner ersten Resie nach Smolensk kenne, schenkt mir wieder „Koreanische Möhren“. Draußen vor der Halle werden sie gekostet. Sie haben einen besonderen Geschmack, der von fast allen gelobt wird. Nicht von Bernd, der Traurig ist, dass hier nicht fotografiert werden darf.
Elena und Aleksei sind noch kurz zur Markthalle gekommen und wir kaufen noch Fleisch für das morgige Picknick ein. Aleksei will es marinieren, damit es besonders lecker schmeckt.
Eine sehr steile Nebenstraße gehen wir hinauf in die Stadt. Hier hat das Unwetter mit den großen Wassermassen großen Schaden hinterlassen.
Nach einem Imbiss besuchen wir das Konjonkov-Museum. Die Studierenden nehmen viele Eindrücke auf, u.a. wie dieser Autodidakt sich in seinem langen Leben weiter entwickelt hat.
Es ist noch Zeit bis zum Konzert, so dass ein jeder diese für sich nutzt.
Victor Pawljushenko empfängt uns schon unten in der Gemäldegalerie an der Treppe. Wieder gibt es eine spezielles Konzert für eine Hagener Gruppe und das zur Eröfnung des Glinka-Festivals. Sieben Gitarren – das muss man selbst gehört haben. Spontan kommt mir der Satz von Thilo Heß, dem Bassisten von POWERONOFF, in den Kopf: „Ich möchte mal mit richtigen Gitarristen fotografiert werden“. Die Gitarrengruppen hat auch unsere Studierden begeistert und deshalb gab es noch einen Tango als Zugabe, aber Verena und Bernd haben nicht getanzt, obwohl der Tango doch ihre Leidenschaft ist.
Mit Galina Galaktionova, einer unserer Gastgeberinnen in Smolensk, gehen wir gemeinsam in die „Gans“ essen. Die Gespräche über Kunst in Russland, Deutschland und im Allgemeinen werden intensiver. Plötzlich stürzen Menschen, die bis auf die Haut nass sind in das Lokal – wieder geht ein starker Regen auf Smolensk hernieder. Die Blicke der Managerin des Restaurant deuten darauf hin, dass wir doch das Lokal verlassen sollen, doch wir kaufen schnell noch für jeden ein Getränk und bleiben bis der Regen nachgelassen hat.
Elena erzählt von einem Abswasserrohrbruch in den letzten Wochen auf der Nicolayeva Straße. Zwei Tage flossen keine Abwässer aus dem Viertel ab. Sie mussten z. T. mit Eimern zu speziellen Autos gebracht werden, die sie dann abtranportierten. Das Abwassersystem ist Smolensk ist sehr alt, aber auch die Versorgungssysteme. Deshalb müssen die Menschen sich mehr und mehr auf Schäden an diesen Leitungen einrichten.
Heute ging alles gut und Verena, Bernd und ich erreichten trocken unsere Wohnungen. Die Studierenden wollten sich mit den SmolenskerPreisträgern und noch weiteren Studierenden treffen.
01.06.2014, Sonntag
Wir treffen uns erst gegen 11.30 Uhr.
Und was macht man an einem Sonntag? Einen Ausflug!
Die Textilkünstlerin Olga Bordyokova hat uns mit ihrem Mann Alexander in ihr Haus, außerhalb von Smolensk, eingeladen. Steffen und Olga werden später nachkommen. Das Taxi fährt an dem großen Friedhof vorbei und immer weiter hinaus aus der Stadt. Irgendwann biegt es rechts ab und wir fahren auf holperigen Wegen zu einer kleinen Ansiedlung von sehr schönen und großen Einfamilienhäusern. In dem Gewirr der Feldwege verliert der Fahrer etwas die Orientierung, aber mit freundlicher, telefonischer Unterstützung unserer Gastgeber, erreichen wir das Ziel.
Aleksander erwartet uns bereits auf dem Weg vor dem Haus. Er geleitet uns auf das riesige Grundstück, auf dem sich gleich rechts eine große Schlosserwerkstatt befindet. Über einen Wintergarten gehen wir ins Haus, wo Olga schon fleißig in der Küche werkelt. Zur Begrüßung zieht sie alle in ihr interessant ausgestattetes Atelier. Viele große Leinenballen sind in einer Stellage aufgehängt – hervoragende Leinenqualitäten sind die Basis ihrer Arbeit. Und die Arbeiten hängen und liegen wohlsortiert in Regalen und Schränken.
Doch mit ihrer Arbeit beschäftigen wir uns später, denn es muss das Picknick im Garten vorbereitet werden. Sascha Dolossov und Aleksei kümmern sich um das Schaschlik und einige andere bereiten die große Tafel im Garten vor.
Aber da ist auch noch Aleksander, der eine Mappe hervorkramt, in der Zeichnungen von Maschinen und Fahrzeugen zu sehen sind. Es stellt sich heraus, dass er diese selbst entwirft und auch baut und das muss selbstverständlich besichtigt werden. Zunächst bestaunen wir die Maschinen in der Schlosserei, die mit einem Scheinwerfer, natürlich Produkt Eingenbau, bei Dunkelheit erhellt werden kann. Gerade ist ein Räucherschrank für Fische in Arbeit. In einem Schuppen stehen Traktoren und Landmaschinen, aber das interessanteste Gefährt ist ein Dreirad mit überdimensionalen Reifen, mit dem man im Winter über tiefen Schnee problemlos querfeldein fahren kann.
Doch nicht nur Maschinen sind Aleksanders Intersse, er hat sich im Keller des Hauses eine Schreinerei eingerichtet, die jedem deutschen Schreiner Ehre machen würde. Aber der Clou: Auch hier sind alle Maschinen Marke Eigenbau. Mit viel Freude erzählt Sascha von seinen Arbeiten. Dieser Mann ist nur mit „Daniel Düsentrieb“ zu vergleichen – wir sind gespannt, was im Laufe des Nachmittags noch alles Zutage kommen wird.
Inzwischen sind auch Olga und Steffen eingetrudelt.
Langsam füllt sich der Tisch. Doch es ist auch Zeit für einen Gang durch den Garten und gute Gespräche. Aleksei und Sascha braten das Fleisch und trinken mit Bernd und Aleksander einen kleinen Wodka, während Aleksander gleichzeitig den alten Samovar für das heiße Teewasser vorheizt.
Bereits gestern hat Aleksei, der ein sehr guter Koch ist, eine große Menge Zweibeln eingelegt, die wir als Vorspeise mit Brot essen. Die Zwiebel schmecken sehr fruchtig, gar nicht scharf. Mit dieser Vorspeise hat Aleksei einen Volltreffer gelandet.
Olga backt eine Kohltorte, es gibt frische Gurken, die mit Salz gegessen werden, Tomaten, die tatsächlich so schmecken und ein wohl riechendes Aroma haben, frischen Paprika …..
Zu trinken gibt es selbgemachten Kompott (Saft), gesalzenes Mineralwasser, Cidre von Äpfeln und Johannisbeeren, Bier und wer möchte kann auch Wodka trinken. Aus einer nahe liegenden Quelle hat Aleksander frisches Trinkwasser besorgt. Der starke Teesud steht auf dem Tisch. Das ist das Zeichen, das wir essen dürfen, denn das Fleisch scheint inzwischen auch gar zu sein.
Aleksei teilt mit Sascha das saftige Schweinefleisch auf und jeder erhält eine ordentliche Portion.
Es wir geredet, natürlich über Olga Textilien, die sie eigenhändig färbt und bemalt, unsere Preisträger erzählen über sich und die vielen Erlebnisse der letzten Tage, auch Nächte. In letztern ist Steffen besonders umtriebig gewesen, doch es hält sich alles im Rahmen. Die Speisen sind so köstlich, dass ein jeder tüchtig zugreift, selbst Monika – da wird ihre Mama sich sehr freuen.
Den schwarzen Tee hat Olga noch mit frischer Minze verfeinert. Er muss noch ein paar Minuten ziehen. In der Zwischenzeit holt sie aus der Küche ein Kuchenblech mit einem Waldbeer-Käsekuchen. Auch das noch, doch von dieser Köstlichkeit verdrückt man leicht zwei Stückchen.
Eigentlich darf man solch ein russisches Picknick gar nicht beschreiben – man muss es erleben, und zwar in einer russischen Familie, so wie wir heute.
Alle reden, essen trinken und jeder verbreitet gute Stimmung – nur Alexander ist für einige Augenblicke verschwunden. Doch da ist er schon wieder und hat eine eigenartige selbst gebaute Maschine in der Hand. Wie sich bald herausstellt ist es eine Plastikflaschen-Schießanlage. Alexander sammelt die 1-Liter Plastikflaschen ein, füllt sie halb mit Wasser und gibt über das Maschinchen Pressluft hinzu. Danach löst er die Sperre, die die Flasche hält. Mit eine großen Knall fliegt das Geschoss durch den Garten und versprüht das Wasser. Bernd, der den Vorgang fotografieren wollte, erschrak so sehr, dass er umfiel und rückwärts über die Wiese kugelte. Na, dieses Spielzeug ist eines Düsentriebs würdig und jetzt wurde geschossen, bis die letzte Flasche zerborsten war. Vielleicht sollte man Streitigkeit mit diesen lustigen Wasserbomben austragen. Aus lauter Freude am Spiel würden sich die nassen Gesellen sicher mit geistigen Getränken verbrüdern. Wir mussten das nicht, denn wir hatten auch so einen Heidenspaß!
Leider begann es zu regnen, doch die vielen Hände brache in Windeseile den Garten in Ordnung und endlich konnten die Damen in Olgas Atelier die tollen Kleider anprobieren. Aleksei, dieser Schlingel, hat alles mittels eines Spiegels fotografiert und freute sich diebisch, dass es ihm gelunge war, ohne dabei aufzufallen. Davon wird aber nichts veröffentlicht. Bei der Präsentation der Kleider, lief Monika zu großer Form auf. Olga wollte sie unbedingt als Model in Smolesnk behalten. Auch Sandra und Verena entdeckten schicke Kleider für sich.
Die Zeit drängt und draußen warten schon die Taxen, die uns zur Philharmonie fahren sollen – um 19 Uhr ist ein Konzedrt (russische Romanzen).
Unser Taxifahrer rast wie der Teufel Richtung Smolensk. An zwei Zebrastreifen entgehen die Fußgänger nur knapp einer Katastrophe – dem Fahrer ist es egal. Man sieht immer wieder andere Autos mit hoher Geschwindigkeit durch die Stadt rasen. Vielleicht sollte man in Russland die Schweizer Verkehrsstrafen übernehmen – Führerschein einziehen und Autos versteigern. Die Stadt Smolensk könnte damit reich werden. Ein Prozent davon als Födermittel auf unser Vereinskonto und wir könnten viele schöne Kulturprojekte gestalten.
Aber Orientierung und Ortskenntnisse hatte der Taxifahrer auch nicht – die Philharmonie war ihm nicht bekannt und wir brachten ihn erst an der Staatlichen Uni zum Stehen. Von dort gingen wir zur Philharmonie. Der Taxifahrer der zweiten Gruppe war ein noch größerer Dilettant. Mit Hilfe seines Navigators hatte er sich heillos in der Stadt verfranst und muss per Telefon aus dieser Situation gerettet werden. Bernd, Verena, Monika und Sandra kamen fünfzehn Minuten zu spät in die Vorstellung.
Im großen Saal der Philharmonie verloren sich 45 Besucher. So etwas habe ich hier noch nicht erlebt, denn die Musiker waren sehr gut und innovativ.
Nach der Verstellung wollten wir nur noch etwas trinken, denn das gute Essen hatte alle hinreichend für den Rest des Tages gesättigt.
02.06.2014
Durch die zahlreichen neuen Eindrücke verfliegt die Zeit so schnell, dass wir es gar nicht richtig wahrnehmen. Heute ist ein „ich weiß nicht was soll es geben“ Wetter. Mann stellt sich also auf jedewede Wetterlage ein, denn häufig hält das Wetter nicht das von der Vorhersage gegebene Versprechen.
Inzwischen kennen alle das Torkin-Denkmal und sind auch pünktlich dort. Der komfortable Bus der Stadt Smolensk bringt uns zum Glaswerk nach Pervomaiski. Anatoli Rakitin, der Direktor erwartet uns schon hinter dem Eingangstor. Nachdem sich alle miteinander bekanntgemacht haben, gehen wir über einen großen Hof zu einer hohen Werkhalle. Der Hof ist von Grünanlagen gesäumt. Die angrenzenden Gebäude sind sanierungsbedürftig.
In der Halle befindet sich kein Glasbläser auf der Arbeitsbühne. Nur an einer Station wir Pressglas hergestellt, Wir sind zu früh gekommen, denn die nächste Schicht beginnt erst in einer Stunde. Kein Problem, denn an der nächsten Fertigungsstelle arbeiten mehr als zehn Frauen, die Muster in die Gläser schleifen. Die Frauen arbeiten rasant schnell und es ist nicht leicht ein Foto ohne Unschärfe zu schießen, doch einige sind sehr gelungen und vermitteln eine Vorstellung von den Leistungen dieser Kunsthandwerkerinnen.
Anatoli erläutert uns an jeder Station, um welchen Arbeitsschritt es sich handelt, Nach den Schleifvorgängen folgt eine chemische Behandlung des Glases, damit es klar wird. Wir verlassen das Gebäude und klettern in einem anderen Haus bis in das dritte Stockwerk, um in das Glasmuseum zu gelangen. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, was die Menschen hier noch vor Kurzem geleistet haben. Bis vor Kurzem: Weil es keine Facharbeiter oder Facharbeiterinnen mehr gibt, die farbiges Glas gestalten können. Das ist sehr bedauernswert, denn die Erzeugnisse halten jedem Vergleich mit Böhmischem Glas stand. Früher gab es im Smolensker Gebiet zahlreiche Glaswerke, heute nur noch dieses. Hierhin sollte man Subventionen geben, damit diese Industrie und dieses edle Handwerk wieder an Ansehen gewinnt und für Smolensk würde das neue Arbeitsplätze bedeuten. Verena und Bernd liebäugeln mit dem Kauf einer Vase, aber das ist bekanntlich in Museen nicht möglich, auch nicht aus den Magazinbeständen.
Von dem Museum geht ist in das Atelier des Hauskünstlers des Glaswerks Wladimir Berdnikov. Doch er spricht nicht so sehr mit uns, sondern ausschließlich mit den mitgereisten Journalisten. Macht aber nichts, denn wir stöbern selbst in allen Ecken, sind aber nur von einzelnen Werken angetan.
In Gesprächen meinen wir, dass das Werk besser beraten wäre, jährlich einen anderen Künstler zu beschäftigen, damit mehr kreative Impulse in die Produktion fließen. Ein wenig drängt sich der Gedanke auf, dass vor zwei Jahren noch mehr Menschen hier in Arbeit und Brot standen, denn 2012 haben wir einige Produktionshallen mehr besichtigt.
Jetzt sind die Glasbläser an der Arbeit. Auf der Bühne herrscht nun ein geordnetes Gewusel. Fünf Menschen sind hier auf der Bühne an dem Herstellungsprozess eines kleinen Weinglases beteiligt. Davon ist nur einer ein Glasbläser, die anderen vier arbeiten ihm in einem genau getakteten Rhythmus zu – die Harmonie ist genial. Aber auch anstrengend, weil sie in diesem Takt ca. zwei Stunden arbeiten.
Der Magen knurrt schon gehörig und endlich dürfen wir in die Kantine. Ein Tisch ist für uns randvoll gedeckt – wohlbemerkt, nur mit köstlichen Vorspeisen. Und mittendrin eine kleine Köstlichkeit: Ein Mischung aus Roten Beeten mit Meerrettich.
Bei Anatoli kommt man nach einem Tost nicht um einen kleinen Wodka herum, aber sofort danach steht schon der erste warme Gang auf dem Tisch: Gebratene Schweineleber aus eigener Produktion. Ja, dass ist richtig, denn das Werk unterhält für die Beköstigung der Mitarbeiter eine Landwirtschaft. Diese Leber ist sehr zart und zergeht auf der Zunge. Steffens Worte: „So schmeckt Leber?“ Und Bernd: „Kann ich noch ein Stückchen bekommen?“ Ja, ja, alle bekommen reichlich, doch da schweben schon die Frikadellen herein, mit Souce und Salzkartoffeln. Ich kann mir gut vorstellen, dass einige Menschen neidisch werden, wenn sie dies lesen oder mir gar nicht glauben. Zu den Frikadellen kann ich nur eines sagen: Lecker!!!!
Und zwischendurch gab es den einen oder anderen Tost, egal, ob mit Wasser oder Wodka.
Zu guter Letzt folgte noch eine Runde mit Rindergeschnetzeltem. Das war auch „super“, aber selbst bei den Hungrigsten wurde die jetzt Leistungsgrenze deutlich.
Zum letzten Tost wird in Russland meistens Champanger getrunken – alte Tradition! Da es keinen Champus gab, wurde Weisswein in die kleinen Schnapsgläser gefüllt – Anatoli: „Neu Tradition!“
Resumee: Wir haben allerbeste künstlerische und kulinarische Erfahrungen mitgenommen und danken den Organisatoren Elena und Aleksei und Anatoli Rakitin dafür!
Es regnet in Strömen und nach 2 Stunden sind wir zurück in Smolensk. Der Busfahrer lässt uns am Kaufhaus Zebra aussteigen, denn hier gibt es einen Laden der Werkes –offenbar ist er nach unserer Anregung vor zwei Jahren eroeffnet worden.
Bernd und Verena kaufen hier ein.
Das Wasser wird wieder nicht von den Gullis aufgenommen und durch tiefe Pfützen eilen wir in die neue „Mandarin Gans“. Essen geht nicht mehr, aber Kaffee und Tee helfen, etwas munterer nach der Fahrt zu werden. Der morgige Tag ist schnell besprochen und danach gehen wir zu unseren Wohnungen.
Sascha teilt mir mit, dass die Regierung von Kief von Flugzeugen Bomben auf die Stadt Lugansk geworfen habe. Er macht sich Sorgen um die Großeltern, die in der Ukraine leben.
Auf der Straße gehen die Menschen, wie immer, ihres Weges. So auch ich. Aber die Gehehnisse in der Ukraine berühren mich, obwohl ich noch nicht weiß, ob die Nachrichten zutreffen. Im Laden an der Ecke kaufe ich Wasser und alles ist wie immer. Die Menschen kommen von der Arbeit und machen noch letzte Einkäufe für den Abend.
03.06.2014
Lena und Aleksei haben die Migrationsangelegenheiten erledigt. Auf der Fahrt zu den Hügelgräbern bei Smolensk geben sie uns die Zettel für die Rückreise nach Deutschland.
Zwanzig Minuten später sind wir schon auf dem Ausgrabungsgelände. Der Musuemsdirektor erwartet uns mit einigen Mitarbeitern und zwei Damen von der Tourismusbehörde sind auch dort. Sie wollen sehen, wie dort Führungen durchgeführt werden.
UnserFührer, ein rundlicher älterer Herr, spricht laut, schnell, lange und verwendet nurFachbegriffe, die unsere Dolmesterinnen nicht übersetzen könnent. Er lebt wahrscheinlich in der Vorstellung, dass man nur laut genug sprechen muss, dann wird auch sein Vortrag verstanden. Lena und Olga geben sich große Mühe ihn zu bremsen, aber so recht will das nicht gelingen.
Wir wandern durch den Wald und an unterschiedlichen Stellen werden wir über die Ausgrabungen informiert. Die Verstorbenen wurden hier grundsätzlich verbrannt und ihre Habseligkeiten wurden mit in das Grab geben. Es wurden u.a. Münzen mit arabischer Schrift gefunden und Keramik aus Ägypten. Akelsei kann sich einen Scherz nicht verkneifen: „Tut ench Amun haben wir noch nicht entdeckt.“ Aber eines ist doch sich: Smolensk lag schon vor 1.000 Jahren an einem bedeutenden Handelsweg. Unser Führer geht weiter in den Wald und erklärt, dass der Djepr bis hierher einen Seitenarm hatte und auf eine Hektar lag an diesem Ort die alte Stadt Smolensk mit ca. 2.000 Einwohnern.
Über die Eisenbahntrasse Brest-Moskau kommen wir zu einem sehr schönen kleinen See. In einem großen Bogen wandern wir durch den kühlen Wald und erreichen schließlich einen Platz an dem ein Picknick für uns bereitet wird: Mittelalterliche Speisen (Buchweizen mit Schweinefleisch) wird über offenem Feuer gegart. Salate und ein Honigbier sowie Kräutertee stehen zum Verzehr bereit. Alles ist köstlich und der Direktor des Museums und seine Mitarbeiter informieren uns weiter über diesen Ort und die gefunden Gegenstände, die auch als Schmuckstücke angeboten werden. Da können die Damen. nicht widerstehen. Die Studierenden zeichnen Skizzen und wir schauen uns die Pflanzen an. Es ist eine sehr intakte Natur. Der Eine oder Andere gestattet sich ein Nickerchen.
Gegen 15 Uhr holt und der Bus ab und auf dem Weg in die Stadt machen wir noch einen Abstecher auf den Soldatenfriedhof, auf dem tausende deutsche Soldaten begraben liegen. In der Stadt trennen sich die Wege: Verena, Bernd und Steffen folgen der Einladung von Tamara, um an einen See zu angeln und dort die Nacht zu verbringen. Unsere Damen möchten sich erholen und noch Andenken kaufen – wird auch höchste Zeit. Lena Aleksei und ich besprechen die Rückreise und den Aufenthalt der Smolensker Gruppe im August in Hagen. Es ist immer wieder sehr schön in Aleksei s Atelier, aber wir widmen uns auch ernsten Themen. Aleksei hat Filme von Ereignissen in der Ukraine gespeichtert: Die meisten willst du nicht sehen, denn das Gezeigte ist zu grausam. Er öffnet einen Film und wir sehen einen Platz mit Bäumen, der von einer Kamera auf dem Dach eines angrenzenden Gebäudes gezeigt wird. Zahlreiche Menschen in ziviler Kleidung gehen entlang, Frauen mit Kinderwagen und Kind auf dem Arm oder an der Hand. Einige Autos fahren langsam vorbei. Und plötzlich schlagen von rechts fünf Raketen ein. Die Mütter greifen ihre Kinder und rennen um ihr Leben, auch die anderen Passanten fliehen. Dann endet der Film. In zwei anderen Nachrichten wird mitgeteilt, dass Obama und Rassmussen anregen, man müsse jetzt unbedingt im Westen aufrüsten. Wir können den Vorschlage, wenn er denn stimmt, nicht nachvollziehen. Warum Aufrüsten. Die USA und die Nato sollten vielmehr die Machthaber in Kief bremsen, die rüsichtslos auf auf Zivilsten mit Raketen schießen.
Lens und ich fahren in die Stadt zurück, denn sie möchte sich noch mit den jungen Künstlerinnen treffen.
04.06.2014
Mit Oleg besuche ich am Morgen eine Bank. Sie ist an einem akedemischen Austausch interssiert. Frohe Kunde an Michael in Hagen. Wir haben einen der besten Partner für Eure Ideen gefunden und der erste Austausch soll noch in diesem Jahr gestaltet werden. Abschied von Oleg und Katja, aber vielleicht kommen sie doch zum Abschiedsessen.
Die Wege und Plätze sind voll mit entspannten Menschen, die das warme Wetter genießen. Überall in der Stadt malen Schulklassen in den Parks. Mehr als 300 Kinder habe ich gezählt. Alle sind eifrig bei der Sache. Verena, Bernd und Steffen sind noch nicht zurück, Die Damen kaufen noch etwas ein. Wir bereiten unseren Abschied von Smolensk vor.
Verena, Bernd und Steffen hatten im russischen Outback Abenteuer pur. Wladimir (nicht jenem aus Moskau) und Anatoli haben ihre Geländewagen im Sumpf auf dem Weg zum Dnepr festgefahren. Nach harter Arbeit hatten sie sich wieder befreit und danach konnte das Campen beginnen. Sie sind gesund und munter zurückgekehrt. Für die drei war es ein Erlebnis der besonderen Art.
Der Abbau der Ausstellung zog sich etwas in die Länge, weil einige Künstler ihre Werke nicht abholen konnten. Aleksei musste alles in sein Atelier transportieren.
So waren wir beim Abschiedsessen zunächst unter uns Hagenern. Nur Ira und Ihre Freundin waren gekommen. Doch nach und nach trudelten auch die Smolensker ein und es wurde ein fröhliches Miteinander. Oleg kam noch mit Söhnchen Dennis. Kleine Geschenke wechselten den Besitzer. So ging eine intensive Zeit harmonisch zu Ende: Für unsere Preisträger und deren neue Freundinnen und Freunde mit einem ausgedehnten Spaziergang.
Jetzt waren es nur noch sechs Stunden bis zu unserem Abschied von Smolensk.
Portraits von einigen Menschen, die dieses Projekt geprägt haben:
05.06.2014
Aleksei ist zu Fuß zu mir gekommen. Es ist 02.30 Uhr und um die 20 Grad warm. Das Taxi kommt, doch es ist sehr klein. Mein Koffer passt zunächst hin, aber was wird mit Bernd und Verenas Koffern sein. Nach zehn Minuten sind wir an der Wohnung der Beiden. Irgendwie gelingt es, zwei Koffer in den Kofferraum zu klemmen. Den dritten Koffer nehmen Aleksei und ich auf den Sch0ß. Wieder ein Taxifahrer ohne Ortskenntnis. Wir müssen ihn zum Tjorkin-Denkmal einweisen.
Zukünftig kann man in Smolensk als Ausländer nicht mehr allein mit dem Taxi fahren, denn man kommt überall hin, aber mit diesen neuen Taxifahrern, die nicht aus Smolensk stammen. Man kommt nicht ans Ziel, weil sie die Straßen von Smolensk nicht kennen.
Die Gruppe ist schon vor Ort und gegen 3 Uhr startet der Bus in Richtung Moskau. Zunächst haben unsere drei jungen Frauen noch viel zu erzählen, aber alsbald werden sie von ihrer Müdigkeit übermannt. Der Fahrer kann zügig fahren und nach etwa der halben Strecke machen wir eine Pause an einer Raststätte. Auf dem Weg bis hierher haben wir zahlreiche Elchkühe gesehen. Der Fahrer meint es wären 22 gewesen – kann sein. Es ist schon imposant, wenn man diese erhabenen Tiere neben der Straße traben sieht.
Nach ca. drei Stunden sind wir in Moskau und schon ist der Stau unser Begleiter. Immer mehr Hochhäuserstädte schießen vor den Toren Moskaus aus dem Boden – hier wird in großem Stile Geld verdient. Leider kommt die Infrastruktur nicht mit. Hier gibt es keine U- oder S-Bahnen und die Straßen können das jetzige Verkehrsaufkommen kaum fassen. Jeden Morgen dieses Erlebnis zu haben nach Moskau zu fahren ist Stress in höchstem Maße. Die Autofahrer sind sehr aggressiv. Am schlimmsten sind jedoch die Motorradfahrer, die mit hohem Tempo zwischen den Autos daher preschen. Wir erleben den Stau ca. drei Stunden. Dann lässt uns unser Fahrer am Platz des Sieges aussteigen und fährt mit unseren Koffern zum Flughafen, um dort auf uns zu warten. Die U-Bahn bringt uns nach fünf Stationen zum Roten Platz. Es ist noch sehr ruhig am Morgen. Deshalb können wir das Leninmausoleum, den Kreml, die Kirche mit den Zwiebeltürmen, das Kaufhaus GUM … Der Blick von der Moskwa-Brücke auf den Kreml ist in der Morgensonne besonders schön.
Leider hat GUM noch geschlossen, so dass wir noch kein Eis essen können. Wir entscheiden uns zur ewigen Flamme zu gehen. Leider ist der Park wegen einer erwarteten Kranzniederlegung geschlossen, so dass nur aus Richtung Bibliothek eine Wachablösung beobachtet werden kann. Monika, Olga und Steffen hatten keine Lust mitzugehen und sind irgendwo untergetaucht, aber es war haben ja einen Treffpunkt vereinbart.
Zurück zum GUM, das jetzt geöffnet ist und endlich Eis kaufen, auch für Sandra, die vor GUM in ihr Skizzenbuch zeichnet. Dabei wird sie von Chinesen umringt und unablässig fotografiert. Sie erträgt es mit stoischer Ruhe. Wir anderen gehen ins GUM, um dort einzukaufen. Ja, richtig einzukaufen. Das kann man auch im GUM mit „kleinem“ Geldbeutel, wenn an sich auskennt. Außerdem kann man sehr gut die Toiletten im dritten Obergeschoss nutzen. Nach dem Besuch zahlreicher Geschäfte gönnen wir uns eine Erfrischungspause.
Um 12 Uhr treffen wir uns, wie vereinbart, und fahren zum Kiewskij-Bahnhof. In der Wartehalle zum Aero-Express gibt es einen Kiosk, an dem große Kartoffeln mit unterschiedlichen Saucen angeboten werden. Hier schlagen die hungrigen Mäuler zu, denn sie haben es nicht geschafft allein zum Essen zu gehen. Der gut gekühlte Zug transportiert uns in 40 Minuten zum Flughafen. Unser Fahrer ist geschwind zur Stelle und lädt die Koffer aus. Sandra öffnet noch einmal kurz ihr Gepäck, um Lena die Bilder von „de Cleur“ wiederzugeben, die sie versehentlich eingepackt hat. Schnell lege ich noch mein Taschenmesser in ihren Koffer, damit es mir bei den Kontrollen nicht abgenommen wird. Das Einchecken ist wesentlich angenehmer als in Düsseldorf. Überhaupt ist der Flughafen Wnukowo weitläufiger und auch weniger überlaufen als die beiden anderen Moskauer Flughäfen. Es gibt bequeme Wartebereiche, doch kostet hier ein kleiner Kaffee fünf Euro. Alles hat eben einen Haken.
Unser Flieger kommt mit 45 Minuten Verspätung aus Deutschland an und entsprechend setzt sich das bis zu unserem Abflug und zur Ankunft in Düsseldorf fort.
Es liegen ereignisreiche zwölf Tage hinter uns, die erst einmal verarbeitet werden müssen.
Presse: Michael Efimkin interviewt H.-W. Engel zur Arbeit des Freundeskreis Hagen-Smolensk; REN-TV Zur Ausstellungseröffnung
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